Reha als Ausbildungsträger

Chancen auf neue Pflegekräfte

Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag 2021 das Vorhaben formuliert, auch Reha-Einrichtungen als Ausbildungsträger zuzulassen. Doch obwohl sich der Pflegekräftemangel immer weiter zuspitzt, wurde die Umsetzung der politischen Zielvorgabe noch nicht in Angriff genommen.

Schon die vorherige Bundesregierung hatte mit dem 2019 in Kraft getretenen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) und im gleichen Jahr mit der Konzertierten Aktion Pflege das Ziel ausgegeben, weitere Pflegestellen zu schaffen und mehr Pflegepersonal auszubilden. Doch die Ergebnisse der Maßnahmen sind ernüchternd: Das Statistische Bundesamt meldete Anfang April 2023, dass die Zahl der neuen Auszubildenden in der Pflege im Jahr 2022 nach vorläufigen Berechnungen um sieben Prozent auf 52.300 gesunken ist. Eine fatale Entwicklung, zumal eine Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft vorhersagt, dass sich die Versorgungslücke im Pflegebereich in Deutschland bis zum Jahr 2035 auf insgesamt knapp 500.000 Fachkräfte vergrößern wird. Die möglichst zügige Einbeziehung der Reha-Einrichtungen in die Pflegeausbildung wäre also eine ebenso nützliche wie überfällige gesetzliche Regelung.

Keine Zulassung trotz fachlicher Eignung

Sinnvoll ist die Pflegeausbildung in Reha-Einrichtungen nicht nur wegen der großen Zahl der zusätzlich möglichen Ausbildungsplätze, sondern auch deshalb, weil sie sehr gut für die fachliche Ausbildung geeignet ist. Da die Pflegeprozesse in der Reha über einen längeren Zeitraum evaluiert werden können und die Reha-Pflege gut planbar ist, haben Pflegeauszubildende hier die Möglichkeit, die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) zu erlernen und anzuwenden. Das gilt auch für die Formulierung von Pflegediagnosen und die Durchführung von Pflegevisiten sowie für die Anwendung von Assessmentinstrumenten sowohl zur Risikoeinschätzung als auch zur Verlaufsdokumentation. Anders als im Akutbereich wird in der Reha die Durchführung pflegerischer Maßnahmen primär als störungsbild- und zielorientierte Anleitung des Patienten erlernt und weniger als Kompensation verlorener Funktionen. Weiterhin bietet die Pflegeausbildung in der Reha die Möglichkeit, sich mit der Integration interdisziplinär erhobener Befunde (wie die Berufsanamnese) in die pflegerische Versorgung vertraut zu machen, und die Reha ermöglicht die Hospitationen bei vielen beteiligten Berufsgruppen (wie Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie). Zudem würde die direkte Vermittlung von Ausbildungsinhalten wie Hilfsmittelversorgung, Erkennen von und Umgang mit Schluck- und Sprachstörungen oder Hirnleistungsstörungen in der Praxis dazugehören, ebenso wie die tägliche Anwendung theoretisch erworbener Inhalte zur Pflegeberatung durch die enge Einbindung der Angehörigen in den Rehabilitationsprozess. Doch obwohl es an der fachlichen Eignung von Reha-Einrichtungen keine Zweifel gibt, sind sie derzeit noch nicht als Ausbildungsträger zugelassen. Pflegeausbildung in Reha-Einrichtungen findet derzeit lediglich im Rahmen des „weiteren Einsatzes“ mit 80 Stunden statt. Dabei sind indikationsübergreifend nahezu alle ambulanten und stationären Einrichtungen als Ausbildungsbetriebe geeignet. Die Gefahr, dass ungeeignete Reha-Einrichtungen ausbilden würden, besteht nicht, da nach der geltenden Ausbildungsverordnung schon jetzt eine Praxisanleitung sichergestellt werden muss (im Umfang von mindestens zehn Prozent der zu leistenden praktischen Ausbildungszeit) und länderspezifische Curricula für praktische Ausbilder erfüllt werden müssen. Dass in einigen Fällen ergänzende Kooperationen erforderlich sein werden, wird bei anderen Ausbildungsträgern bisher ebenfalls schon praktiziert. Auch die Gründung eigener Pflegeschulen oder die Kooperation mit Trägern theoretischer Pflegeschulen wäre für die Pflegeausbildung in Reha-Einrichtungen kein Hindernis.

Der BDPK wird sich unter anderem beim geplanten Pflegestudiumstärkungsgesetz verstärkt dafür einsetzen, dass die gesetzliche Öffnung von Reha-Kliniken für die Pflegeausbildung einschließlich der dafür erforderlichen Finanzierungsregelung vorangebracht werden.