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Transparenz geht anders - Krankenhaustranzsparenzgesetz entpuppt sich als Mogelpackung

Das Bundesgesundheitsministerium hat eine „Formulierungshilfe“ für ein separates, zustimmungsfreies Krankenhaustransparenzgesetz vorgelegt. Nachdem die Bundesländer die Vorstellungen des Bundesgesundheitsministers zur Level-Einteilung der Krankenhäuser abgelehnt hatten, präsentiert Karl Lauterbach mit diesem Gesetz nun eine neue Idee: Die Einrichtung einer laienverständlichen Übersicht zur Qualität der Krankenhausbehandlung, um qualitätsorientierte Auswahlentscheidungen der Patientinnen und Patienten zu fördern. Doch das, was als fortschrittliche und patientenfreundliche Transparenzinitiative deklariert wurde, entpuppt sich bei gründlicher Betrachtung als Mogelpackung.

Wesentliche Inhalte des vorgesehenen Transparenzgesetzes
Der Gesetzentwurf des BMG sieht vor, dass alle Krankenhäuser in Versorgungsstufen oder Level eingeordnet werden sollen. Voraussetzung für die Einstufung als Level- 3-Krankenhaus ist das Vorhandensein von jeweils mindestens fünf internistischen und chirurgischen Leistungsgruppen und jeweils einer Leistungsgruppe Allgemeinmedizin, Intensivmedizin und Notfallmedizin sowie zusätzlich acht weiteren Leistungsgruppen. Für das Level 2 sind mindestens jeweils zwei internistische und chirurgische Leistungsgruppen sowie jeweils eine Leistungsgruppe Intensivmedizin und Notfallmedizin sowie zusätzlich drei weitere Leistungsgruppen erforderlich. Level-1n-Krankenhäuser sollen mindestens jeweils eine Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Intensivmedizin und Notfallmedizin haben. Die Einordnung der Kliniken der Level F (Fachkrankenhäuser) und Level 1i soll in Abstimmung mit der zuständigen Landesbehörde erfolgen. Die Klassifikation aller Krankenhäuser sollen die zuständigen Landesbehörden übernehmen, wobei die Verteilung der 65 Leistungsgruppen aus dem Anfang Juli vereinbarten Eckpunktepapier auf die einzelnen Standorte vorgesehen ist. Neben der Level-Einteilung sollen im Internet die erbrachte Fallzahl, die personelle Ausstattung im Verhältnis zum Leistungsumfang und patientenrelevante Ergebnisse aus Qualitätssicherungsverfahren für jedes Krankenhaus veröffentlicht werden. Das Transparenzverzeichnis soll ab 1. April 2024 online gehen und auf Basis neuer Datenauswertungen fortlaufend aktualisiert werden. Die Aufbereitung, Zusammenführung und Auswertung der Daten soll durch das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) erfolgen.

Großes Krankenhaus = hohe Qualität?
Größter Kritikpunkt des BDPK am Gesetzentwurf ist, dass die Einführung von Level und die dafür notwendige Unterteilung in Leistungsgruppen sowie die Aufzählung von Fall- und Personenzahlen nahezu nichts über die Qualität des Krankenhauses aussagen. Die damit getroffene Aussage, je größer ein Krankenhaus, desto besser die Qualität ist schlichtweg falsch und führt dazu, Patienten zu verunsichern. Nur mit Strukturdaten kann keine Qualität gemessen werden. Als Verband setzen wir uns schon lange dafür ein, daneben auch die Prozess- und Ergebnisqualität mit einzubeziehen. Nur so kann die tatsächliche Qualität eines Krankenhaus abgebildet werden. „Ginge es wirklich um die Qualität der Patientenbehandlung, wäre es klüger, sich an bestehenden Qualitätsinitiativen zu orientieren, wie der Initiative Qualitätsmedizin, dem Portal Qualitätskliniken.de und der Weißen Liste der Bertelsmann Stiftung. Oder dem Deutschen Krankenhausverzeichnis, ebenfalls ein etabliertes und funktionierendes Transparenzprojekt, dem der Minister wegen fehlender Haushaltsmittel aber kürzlich die Zuschüsse gestrichen hat“, so Thomas Bublitz in seiner Kolumne für die Augustausgabe der f&w.

Aus unserer Sicht wird ein solches Klinikverzeichnis in der praktischen Umsetzung fatale Auswirkungen habe. Patient:innen werden so nicht in die besten, sondern in die größten Krankenhäuser in der Region „geleitet“. Die Folge ist, dass kleine Krankenhäuser, die gute Qualität erbringen, zu wenig Patient:innen haben und nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Das beschleunigt den kalten Strukturwandel und wird vor allem in ländlichen Regionen zu Versorgungsdefiziten führen. Größeren Häusern droht eine Überlastung und Patient:innen müssen mit langen Wartezeiten rechnen. Aber auch von anderer Seite droht eine höhere Belastung für die Krankenhäuser: Die Erhebung, Differenzierung und Meldung des vorhandenen Personals nach ein einzelnen Leistungsgruppen führt zu einem immensen zusätzlichen bürokratischen Aufwand – zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bürokratieaufwand ohnehin schon groß ist und das BMG an einem Bürokratieentlastungsgesetz arbeitet (siehe BDPK-Vorschläge hier). Dass die Patient:innen verständlichere Informationen über die in den Kliniken erbrachten Leistungen und deren Qualität bekommen, ist wünschenswert, aber das vorgesehene Transparenzgesetz ist dafür der falsche Weg.

Bund hebelt Länder aus
Weiterer Kritikpunkt des BDPK ist, dass das Krankenhaustransparenzgesetz die bereits zwischen Bund und Ländern vereinbarten Eckpunkte zur Reform aushebelt. Das wird daran deutlich, dass für das Gesetz keine Zustimmung der Länder erforderlich ist und ein ausschließlicher Bezug auf Krankenhauslevel und Leistungsgruppen eingeführt würde. So bekäme der Bund zumindest indirekt Einfluss auf Krankenhausplanung und Krankenhausfinanzierung – was bis dato Ländersache ist.

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