Unbeliebt, aber notwendig - Kolumne

Wir müssen über Geld reden, es ist leider so! Dass die Kliniken dies beharrlich und energisch tun, mag in der Öffentlichkeit kritisch gesehen werden und Politiker ernten gerne Beifall für die Aussage, es dürfe bei der Gesundheitsversorgung nicht nur um die Ökonomie gehen. Fakt ist aber: Wenn die Finanzen nicht stimmen, wird unser Versorgungssystem zusammenbrechen oder zumindest nicht mehr richtig funktionieren und deshalb ist und bleibt die Finanzierung der Krankenhäuser und Reha- sowie Vorsorgeeinrichtungen ein zentrales gesundheitspolitisches Thema.

So auch in den Diskussionen beim BDPK-Bundeskongress Anfang Juni in Berlin. Auf dem Programm standen eigentlich inhaltliche Fragen zu den Reformvorhaben der Ampelkoalition und die Einbeziehung der Leistungserbringer bei den Verbindlichen Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung. Im Kern ging es aber immer wieder ums Geld. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erklärte mit Hinweis auf die Schuldenbremse, dass die Kliniken zumindest kurzfristig keine Unterstützung für die stark gestiegenen Kosten erwarten dürften. Die Opposition, vertreten durch den Arzt und CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger, will dagegen notfalls sogar ein eigenes Sofortprogramm zur finanziellen Sicherung in den Bundestag einbringen. Auch in der rehapolitischen Diskussion mit DRV-Direktorin Brigitte Gross und ihrem westfälischen Kollegen Thomas Keck wurde deutlich, dass es zwar viel Übereinstimmung und Verständnis für die Anliegen der Kliniken gibt, aber finanz- und ordnungspolitische Vorgaben den Handlungsrahmen eng begrenzen.

Auch wenn Politik und Verwaltung ungern über Ökonomie reden wollen – wir müssen es doch! Denn obwohl die deutschen Krankenhäuser und Reha- sowie Vorsorgeeinrichtungen so hoch verschuldet sind wie noch nie, soll es dennoch für sie keine Hilfen (mehr) geben und in der Reha werden jetzt sogar überlebenssichernde SodEG-Leistungen zurückgefordert. Die Lehren aus anderen Bereichen wie Verkehr, Digitalisierung oder Verteidigung zeigen, dass eine vernachlässigte Finanzierung substanzielle Schäden verursacht. Eine weitere Lehre ist, dass dem Personalmangel weder mit romantischen Vorstellungen über Berufsethos und Floskeln über attraktive Arbeitsbedingungen begegnet wird noch mit administrativen Maßnahmen wie Personaluntergrenzen und anderen Strukturvorgaben. Die Kliniken müssen in Personal und Infrastruktur investieren können und brauchen dafür eine verlässliche und bedarfsgerechte Finanzierung. Lassen Sie uns darüber offen reden, anders geht es nicht!

Unstrittig ist, dass die Pandemie zu enormen finanziellen Engpässen für die Kliniken geführt hat und dass die bisherigen hohen Erlösverluste im weiteren Verlauf dieses Jahres niemals ausgeglichen werden können. Trotzdem lässt man die Rettungsschirme auslaufen. Und wenn es dabei bleiben sollte, dass die Krankenhäuser ab 2023 wieder vier Wochen auf Zahlungseingänge warten müssen, werden in vielen Kliniken die Gehaltszahlungen auf der Kippe stehen. Nach aktuellem Stand für April 2022 erreicht die Inflationsrate mit 7,4 Prozent im zweiten Monat in Folge einen Höchststand und die Ökonomen rechnen mit einem weiteren Anstieg. Das ist für die Bürgerinnen und Bürger ebenso belastend wie für die Wirtschaft – für die Krankenhäuser und Reha-/Vorsorgeeinrichtungen ist das, zusammen mit den Pandemiebelastungen, eine toxische Mischung. Denn während Energieunternehmen, Lebensmittelhandel und Pharmaindustrie die gestiegenen Rohstoff-, Herstellungs-, Personal- und Lieferkosten (auch an die Kliniken) weitergeben, fehlt den Kliniken aufgrund der geltenden Finanzierungssystematik eine Refinanzierungsmöglichkeit. Bei den Reha-Kliniken kommt noch hinzu, dass die Rentenversicherungsträger aktuell den größten Teil der nach dem Sozialdienstleister-Entschädigungsgesetz gewährten Zuschüsse zurückfordern. Das füllt die Kassen der Rentenversicherung während die Kliniken unter massiven Belegungsrückgängen leiden.

Die Pandemie ist noch nicht überwunden und ein Wiederaufflammen im Herbst möglich, darauf weisen auch die Gesundheitsminister der Länder hin und fordern, dass wir uns schon darauf vorbereiten. Dazu ist es unverzichtbar, den Kliniken finanzielle Sicherheit zu geben, damit sie leistungsfähig bleiben.