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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen

Der BDPK unterstützt das Ziel der Bundesregierung, mit dem KHVVG die Qualität der Krankenhausversorgung zu verbessern. Aus unserer Sicht sind jedoch einige der Reforminstrumente dafür nicht geeignet oder nicht ausreichend ausgearbeitet.

Insbesondere sollen für die Zuordnung von Leistungsgruppen ausschließlich Merkmale der Strukturqualität berücksichtigt werden, während Elemente der Ergebnisqualität komplett fehlen. Der aktuelle Gesetzentwurf strebt eine Qualitätsverbesserung lediglich durch die Auflistung von Strukturvorgaben an. Deutlich besser wäre der Intention des Gesetzgebers Rechnung getragen, wenn der Behandlungserfolg, also die Ergebnisqualität, ebenfalls im KHVVG berücksichtigt würde. Hierfür bieten z. B. die Methodik und die Ergebnisse der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) eine gute und praxiserprobte Grundlage. Es müssen erste Schritte in diese Richtung gegangen werden.

Die einzelnen Instrumente und deren BDPK-Bewertung im Detail:

1. Krankenhausplanung der Länder erfordert Flexibilität

Die Qualitätsvorgaben für die Leistungsgruppen sollen nach dem Gesetzentwurf auf Vorschlag der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in einem gemeinsamen Ausschuss auf Bundesebene festgelegt werden. Bis zum Inkrafttreten der Verordnung zur Weiterentwicklung sollen die Leistungsgruppenvorgaben aus Anlage 1 des KHVVG Anwendung finden. In den Krankenhäusern soll der Medizinische Dienst umfassend im Abstand von zwei Jahren das Vorliegen aller Voraussetzungen überprüfen. Erst danach kann die jeweilige Planungsbehörde des Bundeslandes eine Entscheidung zur Krankenhausplanung treffen.

BDPK-Bewertung:

Leistungsgruppen sind grundsätzlich ein geeignetes Mittel, um Anforderungen an eine gute Patientenversorgung festzulegen und eine einheitliche „Planungssprache“ der Bundesländer zu schaffen. Diese Regelungen lassen den Bundesländern jedoch keine Flexibilität, um eine bedarfsgerechte Patientenversorgung sicherzustellen. In der aktuellen Fassung sind die Handlungsspielräume der Länder stark eingeschränkt, wenn es darum geht, Krankenhäusern Leistungsgruppen zuzuweisen, deren Mindestvorgaben sie nicht vollständig erfüllen können. Krankenhäuser, denen Leistungsgruppen nicht zugeordnet werden, dürfen die entsprechenden Leistungen nicht abrechnen und haben keinen Anspruch auf eine Vorhaltevergütung. Dies zerstört die bisher selbstverständliche Kongruenz zwischen der Krankenhausplanung der Landesbehörden und der Finanzierung der Behandlung durch die Krankenkassen. Die Krankenhausplanung wäre wertlos, wenn die Länder zwar entscheiden, wo ein Krankenhaus steht und welche Leistungen dort erbracht werden sollen, wenn auf der Bundesebene für diese Leistungen der Anspruch auf Finanzierung gegenüber den Krankenkassen ausgeschlossen werden soll.

Die Gefahr ist außerdem groß, dass die medizinischen Fachgesellschaften aus fachlichen Gründen und aus Eigeninteresse der in den entsprechenden Gremien überrepräsentierten Universitäts-kliniken und Maximalversorger überzogene Qualitätsvorgaben vorschlagen, welche die Krankenhäuser insbesondere in ländlichen Regionen aufgrund des Fachkräftemangels nicht mehr erfüllen können. Die Planungssicherheit für die Krankenhäuser und die Versorgungssicherheit der Patient:innen werden hierdurch massiv eingeschränkt.

Die politisch forcierten Konzentrationsprozesse werden neben der Leistungsverlagerung auch korrespondierende personelle Wanderungsbewegungen nach sich ziehen. Auf der einen Seite wird sich in den kleineren Krankenhäusern eine Abwärtsspirale entwickeln, die zum weiteren Abbau anderer Leistungsgruppen führt. Dies könnte eine fachlich und wirtschaftlich nicht mehr tragbare Situation zur Folge haben, was letztendlich das Aus dieser Krankenhäuser bedeuten könnte. Auf der anderen Seite sind die Krankenhäuser, in denen sich höherwertige Leistungen konzentrieren sollen, infrastrukturell nicht darauf vorbereitet, diese zusätzlichen Leistungen zu bewältigen. Wie so oft fehlt es hier an einer vorausschauenden Investitionsplanung und -umsetzung, die bereits vor Jahren hätte stattfinden müssen, um die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen. Abschließend besteht die Gefahr, dass das Krankenhauspersonal die angestrebten Wanderungsbewegungen zwischen den Standorten nicht akzeptiert, wodurch das dringend benötigte Fachpersonal für die Krankenhäuser verloren gehen könnten.

BDPK-Vorschlag:

  • Die Strukturanforderungen der jeweiligen Leistungsgruppen sollten lediglich als Empfehlungen für die Planungsbehörden dienen. Andernfalls entzieht der Bund den Ländern durch diese Strukturvorgaben die verfassungsrechtlich eindeutig bei den Ländern liegende Kompetenz zur Krankenhausplanung.
  • Es ist dringend erforderlich, bei der Zuweisung von Leistungsgruppen neben Struktur-kriterien auch Ergebnisqualitätsindikatoren festzulegen und zu berücksichtigen.
  • Es muss gewährleistet bleiben, dass positive Planungsentscheidungen auf Landesebene nicht durch einen Finanzierungsausschluss auf der Bundesebene konterkariert werden.
  • Kooperationen müssen auch in telemedizinischer Form zulässig sein.
  • Die Möglichkeit der Anrechnung von Fachärzten auf mehrere Leistungsgruppen sollte dauerhaft im Gesetz verankert werden.
  • Den Krankenhäusern ist im Rahmen der Prüfung der Leistungsgruppenanforderungen ein Recht zur Stellungnahme einzuräumen.
  • Im Rahmen der Zuweisung von Leistungsgruppen in Form eines Verwaltungsakts müssen Klagen gegen den Bescheid aufschiebende Wirkung haben, um den Krankenhäusern ausreichend Planungssicherheit und Zeit zur organisatorischen Umstellung zu geben.
  • Die im KHVVG angedachten Konzentrationsprozesse müssen mit entsprechenden Investitionen in die Infrastrukturen vorbereitet werden.

2. Bundesschablone unpassend für Fachkrankenhäuser und Belegkliniken

Die Qualitätsvorgaben für die Leistungsgruppen gelten unverändert auch für Fachkrankenhäuser. Lediglich für die Vorgaben zu verwandten Leistungsgruppen sind stark begrenzte Ausnahmen vorgesehen. Nach dem Gesetzentwurf gilt ein Krankenhaus als ein Fachkrankenhaus, wenn es gemäß der Definition nach § 135d Abs. 4 Satz 3 SGB V von der Landesplanungsbehörde zur Versorgungsstufe „Level F“ zugeordnet wurde. Die Anrechnung der Belegärzte bei der Erfüllung der Qualitätskriterien wird nur für bestimmte Leistungsgruppen ermöglicht (LG Augenheilkunde, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, allgemeine Frauenheilkunde sowie Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde).

BDPK-Bewertung:

Die Definition nach § 135d Abs. 4 Satz 3 SGB V enthält eine Beschränkung auf eine bestimmte Erkrankung, Krankheitsgruppe oder Personengruppe, die kontraproduktiv ist. Beispielsweise erfordert die Versorgung von Patient:innen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen neben der fachlichen Expertise aus dem Bereich Rheumatologie auch Expertise aus den Bereichen Orthopädie und Schmerztherapie. Die zusätzliche Expertise auch für die Orthopädie bzw. Schmerztherapie könnte damit ein Ausschlusskriterium für Anerkennung als Fachkrankenhaus werden. Ähnlich ist Situation für orthopädische Fachkrankenhäuser, die mehr als einen Behandlungsschwerpunkt aufweisen (z. B. Endoprothetik, Wirbelsäulenchirurgie, Spezielle Hüft-/Kniechirurgie, etc.) oder für neurologische Fachkrankenhäuser, die neben dem Schlaganfall auch auf Patienten mit Multipler Sklerose oder Parkinson spezialisiert sind.

Bundeseinheitliche Vorgaben zu „verwandten Leistungsgruppen“ von Allgemeinkrankenhäusern auf Fachkrankenhäuser zu übertragen, macht aus medizinischen Gesichtspunkten keinen Sinn und birgt die Gefahr, dass hochspezialisierte Versorger, die dem Gesetzentwurf zufolge gestärkt werden sollen, vom Netz gehen müssen. Gleiches gilt für die Vorhaltung von Apparaten, die in der Regel von Fachkrankenhäusern in Kooperation vorgehalten werden. Zwingend erforderlich ist zudem die Berücksichtigung regionaler Versorgungsunterschiede. Daher ist die im Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit für Fachkrankenhäuser, für bestimmte Leistungsgruppen die verwandten Leistungsgruppen in Kooperation erbringen zu können, grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung, geht aber nicht weit genug.

Eine weitere Einschränkung ergibt sich aus dem Gesetzentwurf für Belegkliniken. Belegärzte sollen nur noch bei bestimmten Leistungsgruppen angerechnet werden dürfen. Dies könnte bundesweit zur Schließung von Belegkliniken anderer Fachrichtungen führen, die seit Jahren erfolgreich sektorenübergreifend mit niedergelassenen Ärzt:innen zusammenarbeiten (z. B. in der Orthopädie oder Kardiologie).

BDPK-Vorschlag:

  • Die Definition der Fachkrankenhäuser nach § 135d Abs. 4 Satz 3 SGB V könnte wie folgt angepasst werden: „Fachkrankenhäuser, die sich auf die Behandlung einer oder mehrerer bestimmter Erkrankungen, Krankheitsgruppen oder Personengruppen spezialisiert haben, einen relevanten Versorgungsanteil in diesen Bereichen leisten und in der Regel nicht am gestuften System der Notfallversorgung (Ausnahme spezielle Notfallversorgung) teilnehmen, werden von der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde der Versorgungsstufe „Level F" zugeordnet.“
  • Bezüglich der Leistungsgruppenvorgaben ist eine generelle Sonderregelung für Fachkrankenhäuser erforderlich (z. B. im § 6a Absatz 8 KHG): „Für Fachkrankenhäuser, die von der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde gemäß § 135d Absatz 4 Satz 3 SGB V der Versorgungsstufe „Level F“ zugeordnet wurden, kann die für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde Leistungsgruppen nach § 6a Absatz 1 Satz 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes zuweisen, auch wenn das Krankenhaus von den für diese Leistungsgruppen jeweils maßgeblichen Qualitätskriterien an dem jeweiligen Krankenhausstandort abweicht. Diese Regelung gilt unabhängig von den PKW-Fahrzeitminuten nach § 6a Absatz 4 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes.“
  • Die Anrechnung der Belegärzte muss grundsätzlich für alle Leistungsgruppen ermöglicht werden.

3. Vorhaltevergütung – keine Entökonomisierung, aber mehr Bürokratie

Zum Zwecke der Entökonomisierung soll ein pauschaler Vorhalteanteil von 40 Prozent eingeführt werden. Weitere Bestandteile der Vergütung sind das Pflegebudget (20 Prozent) und abgesenkte Residual-DRG (40 Prozent). Das aus den Fallpauschalen ausgegliederte Volumen wird nach Land und Leistungsgruppen ausgewiesen. Jedes Krankenhaus wird vom InEK in jeder ihm durch das Land zugewiesenen Leistungsgruppe nach bisheriger Fallzahl und Fallschwere eingestuft.

BDPK-Bewertung:

Es ist nicht zielführend, die kritisierte Fallzahlabhängigkeit der Krankenhäuser mit einer fallzahlabhängigen Vorhaltevergütung vornehmen zu wollen. Das Ziel der „Entökonomisierung“ wird mit diesem Instrument nicht erreicht, weil insgesamt nur eine reine Umverteilung der bereits im System befindlichen Gelder stattfindet und die vorgeschlagene Vorhaltepauschale auf der zuvor erbrachten Fallzahl des Krankenhauses basiert, bei der die seit der Corona-Pandemie sinkende Fallzahlmenge (insgesamt -15 Prozent im Vgl. zu 2019) gar nicht berücksichtigt wird. Finanziell werden die Krankenhäuser nicht gestärkt. Vielmehr sind neben der bisherigen DRG-Dokumentation und Abrechnungsprüfung sowie streitbehafteten Pflegebudgets zusätzliche Nachweispflichten und Prüfungen zu erwarten, die dem Ziel der Entbürokratisierung diametral entgegenstehen.

Es sind Fehlanreize dahingehend zu befürchten, dass Krankenhäuser innerhalb eines bestimmten Korridors möglichst weniger Patienten als vorgesehen behandeln. Behandlungsalternativen für die Patienten dürfte es dann nicht mehr geben. Mit einem Finanzierungsmodell, dass Krankenhäusern Geld dafür gibt, dass sie Patienten nicht behandeln, steigt die Gefahr von Wartelisten für die Patienten.

BDPK-Vorschlag:

  • Wenn die Einführung einer Vorhaltefinanzierung politisch gewollt ist, dann sollte sie mit der Sicherstellung notwendiger Behandlungsangebote verknüpft werden: Volle Finanzierung der Betriebs- und Investitionskosten entweder von bedarfsnotwendigen Leistungsgruppen (z. B. Notaufnahme, Notfallambulanz (INZ), Geburtshilfeabteilung, Intensivstation) oder von Standorten in ländlichen Regionen. Insbesondere bei kleinen Krankenhäusern ist die Vorhaltefinanzierung von der Fallzahl zu entkoppeln. Hier muss durch fixe (Monats-)Beträge sichergestellt werden, dass die Grundversorgung auch bei geringen Fallzahlen wirtschaftlich tragfähig erbringbar ist.
  • Um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden, sollten analog zu den Besonderen Einrichtungen auch alle Leistungsgruppen mit überwiegend krankenhausindividuellen Entgelten von der Vorhaltevergütung ausgenommen werden.
  • Bezüglich des Fixkostendegressionsabschlags sollte klargestellt werden, dass dieser bereits ab dem Jahr 2025 gestrichen wird und auch bereits vereinbarte Abschläge aus den Jahren 2023 und 2024 nicht mehr zu bezahlen sind, um bereits kurzfristig die gewünschten Strukturreformen zu ermöglichen. Andernfalls wäre aufgrund der uneindeutigen Formulierung im Gesetz zu befürchten, dass der FDA zwar letztmalig für 2026 zu berechnen ist, dann aber 3 Jahre bis einschließlich 2028 zu bezahlen ist. Dies würde unmittelbar auch die für die Vorhaltefinanzierung gedachten Mittel reduzieren.
  • Die Mindererlösausgleiche aus den Rest-DRGs von bisher 20 Prozent sollen vollständig gestrichen werden. Insofern haben auch Mehrerlösausgleiche – vor allem in einem System mit dauerhaft niedrigen Leistungsmengen – keinen Platz mehr und sind vollständig abzuschaffen.

4. Mindestvorhaltezahlen: Gefahr für kleine Krankenhäuser

Neu ist das Instrument von sogenannten „Mindestvorhaltezahlen“, die das einzelne Krankenhaus zusätzlich erfüllen muss. Eine Unterschreitung dieser Mindestvorhaltezahlen, die vom InEK jährlich festgestellt werden soll, führt dazu, dass der Anspruch auf Vorhaltevergütung erlischt. Ähnliches trifft auch für die onko-chirurgischen Fallkonstellationen zu, für welche diejenigen Standorte identifiziert werden sollen, die die geringsten Fallzahlen erbringen. Für diese Krankenhausstandorte soll ab dem Jahr 2027 ein wesentlicher Anteil der Finanzierung in diesem Indikationsbereich entfallen.

BDPK-Bewertung:

Die Mindestvorhaltezahlen greifen tief in die Krankenhausstrukturen ein und werden dazu führen, dass eine beträchtliche Anzahl versorgungssichernder Krankenhäuser aufgrund normativer Vorgaben aus einzelnen Versorgungsbereichen ausscheiden. Zudem ist stets erst am Ende eines Jahres klar, welche Leistungen im Folgejahr noch abgerechnet werden können. Das ist das Gegenteil von Versorgungs- und Planungssicherheit.

BDPK-Vorschlag:

Streichung der Mindestvorhaltezahlen als Kriterium für die Vorhaltefinanzierung.

5. Dringend nötige finanzielle Stabilisierung der Krankenhäuer fehlt

Im Jahr 2024 soll mit dem Inkrafttreten des Gesetzes eine Refinanzierung der vollen Tarifsteigerungsrate für Berufsgruppen außerhalb der Pflege am Bett erfolgen. Ab 2025 soll der Orientierungswert als gesetzliche Obergrenze für die Höhe des Veränderungswertes festgesetzt werden. Einen Ausgleich für die gesunkenen Fallzahlen ist nicht vorgesehen.

BDPK-Bewertung:

Beide Maßnahmen sind unzureichend, um die äußerst angespannte wirtschaftliche Situation und hohe Insolvenzgefährdung der Krankenhäuser zu verbessern. Der prospektive Ansatz der Verhandlungen zum Landesbasisfallwert erlaubt nämlich keine Berücksichtigung bereits eingetretener Kostensteigerungen, sondern nur die zukünftig abzuschätzenden Steigerungen. 

Wegen der stark steigenden Preise und der gleichzeitig sinkenden Fallzahlen stehen viele Krankenhäuser bereits heute vor dem wirtschaftlichen Aus. Die Energieentlastungsmaßnahmen der Bundesregierung waren wichtig, waren jedoch in ihrer Höhe nicht ausreichend, um die gestiegenen Kosten vollständig auszugleichen. Nach Experteneinschätzung sind Stand heute rund 80 Prozent der Krankenhäuser nicht mehr kapitaldienstfähig.

Dafür trägt die Bundesregierung eine politische Mitverantwortung. So haben die jeweiligen Bundesregierungen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser sukzessive durch gesetzgeberische Entscheidungen verschlechtert. Hierzu gehören die Kappung des Orientierungswertes und der Tarifsteigerungsrate und die Streichung des Mechanismus, nachdem der Landesbasisfallwert bei rückläufigen Fallzahlen steigt.

BDPK-Vorschlag:

Es ist ein vollständiger und rückwirkend basiswirksamer Inflationsausgleich für die Jahre 2022 und 2023 i. H. v. mindestens 4 Prozent dringend erforderlich. In der Bundesratsinitiative der Länder wurde ebenfalls eine basiswirksame Anhebung gefordert. Der Ausgleich muss konsequenterweise für alle Krankenhausbereiche erfolgen (Landesbasisfallwerte, Psychiatrie-Entgelte, Vergütung der Besonderen Einrichtungen als auch für alle krankenhausindividuellen Entgelte E 3.3). Des Weiteren muss die vorgesehene Refinanzierung der Tarifratensteigerung aller Berufsgruppen auch für sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sowie Besondere Einrichtungen nach § 17b Absatz 1 Satz 10 KHG gelten. Zudem muss sichergestellt werden, dass ab 2025 der Orientierungswert ohne zusätzliche Verhandlung automatisch in voller Höhe angewendet wird, wenn er die Grundlohnrate übersteigt.

6. Radikale Entbürokratisierung nötig

Als Maßnahmen zur Entbürokratisierung soll der Medizinische Dienst künftig Nachweise und Erkenntnisse aus Prüfungen wechselseitig nutzen können. Die Einzelfallprüfungen sollen durch eine Stichprobenprüfung ersetzt werden. Hierfür hat der Medizinische Dienst ein Konzept vorzulegen.

BDPK-Bewertung:

Die vorgesehenen Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, um das kaum noch beherrschbare Regelungs- und Dokumentationsdickicht in Krankenhäusern zu reduzieren. Schlimmer noch: Durch die neuen Prüfungen der Leistungsgruppenanforderungen und die Einführung der Vorhaltevergütung wird sich der Dokumentationsaufwand weiter erhöhen und die Mitarbeitenden in den Krankenhäusern noch mehr belasten.

BDPK-Vorschlag:

Im Sinne einer radikalen Entbürokratisierung sollten alle Kontrollvorschriften in den relevanten Gesetzen für einen Übergangszeitraum ausgesetzt werden. Nach wissenschaftlicher Evaluation kann entschieden werden, welche Vorschriften in welchem sinnvollen Umfang wieder eingesetzt werden sollten. Der BDPK hat konkrete Vorschläge erstellt, die einem sofortigen Bürokratieabbau dienen (vgl. hier). Um den vorgesehenen Transformationsfonds möglichst unbürokratisch zu gestalten, sollte es zudem ermöglicht werden, dass Krankenhäuser Anträge auf Förderung länderübergreifend (z. B. in Fällen von standortübergreifenden Vorhaben) stellen können.

7. Umsetzung der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen

Die Landesplanungsbehörden können im Benehmen mit den Landesverbänden der Kranken- und Pflegekassen sowie den Ersatzkassen bestimmen, welche Plankrankenhäuser als sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung betrieben werden.DKG und GKV-SV vereinbaren im Benehmen mit der PKV verpflichtend vorzuhaltende stationäre Leistungen sowie stationäre Leistungen, die darüber hinaus erbracht werden dürfen.Zu den erbringbaren Leistungen gehören bspw. ambulante Leistungen aufgrund Ermächtigung, Leistungen des AOP-Katalogs, medizinisch-pflegerische Versorgung, belegärztliche Leistungen (soweit vom Versorgungsauftrag erfasst), Übergangspflege, Tagespflege und Nachtpflege (§ 41 SGB XI).

BDPK-Bewertung:

Das Leistungsspektrum für sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen wird unabhängig von der Versorgungssituation in der Region bundeseinheitlich auf wenige Leistungsgruppen limitiert, was die Attraktivität für die Mitarbeitenden dieser Krankenhäuser stark einschränkt. Die Finanzierung der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen soll vollständig über das auf Ortsebene vereinbarte finanzielle Gesamtvolumen gesichert werden. Eine wirtschaftliche Überlebenschance dieser Einrichtungen hängt somit maßgeblich an dem Ausgang der Verhandlungen mit den Sozialleistungsträgern auf Ortsebene. Das bietet keine Perspektive. Darüber hinaus dürfen die möglichen Leistungen nach § 115g Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 SGB V (Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V) nicht den Regulierungen des SGB XI sowie den Heimgesetzen der Länder zugeordnet werden. Der aus diesen Regelungen resultierende Nachweisaufwand und die damit verknüpften Sanktionspflichten wären in diesen Einrichtungen kaum zu leisten.

BDPK-Vorschlag:

  • Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen müssen dauerhaft zur Erbringung ambulant medizinischer Leistungen ermächtigt werden. Landesbehörden muss ermöglicht werden, sie hierzu ohne Zustimmung der KV zu ermächtigen. Eine gesetzlich eindeutige Regelung zur unbefristeten Ermächtigung erhöht die Planungssicherheit für Krankenhäuser und sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen, sofern diese eine Ermächtigung nach § 116a Abs. 1 und 2 SGB V (neu) erhalten.
  • Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen müssen sich im bestehenden System refinanzieren können und benötigen Planungssicherheit. Hierfür sind sie zwingend in die Investitionsplanung der Länder einzubeziehen. In der Phase der Umsetzung ist die Fortschreibung der Budgets sinnvoll. Auch der Einbezug in die Vorhaltevergütung ist sinnvoll. Möglich ist ebenfalls, die Deckelung des Gesamtvolumens durch den Veränderungswert vollständig aufzuheben und über sachgerechte Erlösausgleichsregelungen eine Finanzierung der verbleibenden Fixkosten bei rückläufiger Belegung und der zusätzlichen variablen Kosten bei einem Anstieg der Belegung sicherzustellen.

Fazit und neues Zielbild

Die Instrumente aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung eignen sich zwar, durch Bündelung der Krankenhausbehandlungen an größere Krankenhäuser Überversorgung abzubauen. Dabei gerät aber aus dem Blick, dass in vielen ländlichen Regionen dadurch Unterversorgung entstehen kann. Unberücksichtigt bleiben auch die Auswirkungen auf andere Versorgungsbereiche, wie z. B. der Rehabilitation. So besteht die Gefahr, dass Kooperationsmodelle zwischen Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen infrage gestellt werden, wenn Krankenhäuser im Zuge der Reform schließen müssen oder die entsprechende Leistungsgruppe verlieren. Deshalb greift der Blick nur auf die Krankenhausplanung zu kurz. Es ist notwendig, ein umfassendes System der regionalen Versorgungsplanung zu entwickeln, das auf relevante Versorgungsbereiche ausgerichtet ist:   Dieses muss die Leistungsbereiche

  • der haus- und fachärztlichen Versorgung,
  • der ambulanten Notfallversorgung und des Rettungsdienstes,
  • der stationären Krankenhausbehandlung und
  • der Übergangspflege im Anschluss an die Krankenhausbehandlung umfassen.

Von einer solchen Versorgung aus wäre auch der Einstieg in regionale Versorgungsmodelle mit regionalen Gesundheitsbudgets denkbar. So ist es auch im Koalitionsvertrag der Ampel beschrieben.