„Und was tun Sie?“ fragen Kliniken die Bundes- und Landtagsabgeordneten in ihren Regionen angesichts der absurden Tatsache, dass sie und bundesweit rund 1.000 weitere Einrichtungen attraktive und hochqualifizierte Ausbildungsplätze für Pflegefachberufe anbieten möchten, dafür aber keine Zulassung haben. Die Frage geht via Brief oder per E-Mail an die Politiker:innen mit der Bitte um konkrete Antworten, die im Rahmen der Kampagne „Reha. Macht's besser!" auch veröffentlicht werden sollen.
Die rund 1.000 Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation erfüllen alle sachlichen und fachlichen Voraussetzungen, um die Ausbildung für Pfegeberufe durchzuführen – sie dürfen es aber nicht, weil der Gesetzgeber entsprechende Planungen bisher versäumt hat.
Warum sich die Politik bislang gegen eine Zulassung der Reha-Einrichtungen als Pflege-Ausbildungsträger sperrt, ist aus Sicht der Einrichtungen völlig unverständlich. Nach einer Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft wird sich die Versorgungslücke im Pflegebereich in Deutschland bis zum Jahr 2035 auf insgesamt knapp 500.000 Fachkräfte vergrößern. Die möglichst zügige Einbeziehung der rund 1.000 Reha-Einrichtungen in die Pflegeausbildung wäre also eine ebenso nützliche wie überfällige gesetzgeberische Lösung. Sinnvoll ist die Pflegeausbildung in Reha-Einrichtungen nicht nur wegen der großen Zahl der zusätzlich möglichen Ausbildungsplätze, sondern auch deshalb, weil sie sehr gut für die fachliche Ausbildung geeignet ist.
Da die Pflegeprozesse in der Reha über einen längeren Zeitraum evaluiert werden können und die Reha-Pflege gut planbar ist, haben Pflegeauszubildende hier die Möglichkeit, die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) zu erlernen und anzuwenden. Das gilt auch für die Formulierung von Pflegediagnosen und die Durchführung von Pflegevisiten sowie für die Anwendung von Assessmentinstrumenten sowohl zur Risikoeinschätzung als auch zur Verlaufsdokumentation. Anders als im Akutbereich wird in der Reha die Durchführung pflegerischer Maßnahmen primär als störungsbild- und zielorientierte Anleitung des Patienten erlernt und weniger als Kompensation verlorener Funktionen. Weiterhin bietet die Pflegeausbildung in der Reha die Möglichkeit, sich mit der Integration interdisziplinär erhobener Befunde (wie die Berufsanamnese) in die pflegerische Versorgung vertraut zu machen, und die Reha ermöglicht die Hospitationen bei vielen beteiligten Berufsgruppen (wie Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Neuropsychologie). Dadurch sind die Reha-Einrichtungen auch keine Konkurrenz zu den bereits vorhandenen Ausbildungsträgern, sondern vielmehr eine sinnvolle Ergänzung und Erweiterung des Ausbildungsangebots. Die Attraktivität des Berufsbilds würde durch die besonderen Möglichkeiten in der Reha verbessert und die Einrichtungen könnten zur Verbesserung regionaler Ausbildungsangebote beitragen, um mehr Berufsanfänger als dringend benötigtes Pflegefachpersonal zu gewinnen.